Repower-Kohlekraftwerk: ein Projekt von Zockern

Repower richtet der Geschäftleitung erhebliche variable Vergütungen aus. Das sechsköpfige Gremium kassiert jährlich bis zu fast einer Million Franken an Boni. Gemäss Repower Verwaltungsratspräsident Eduard Rikli sind „qualitative Zielsetzungen“ bei der Festlegung der Bonuszahlungen mitbestimmend. Es muss mit guten Grund davon ausgegangen werden, dass Teile der Geschäftsleitung persönlich profitieren, wenn die Baubewilligung für das von Repower in Saline Joniche geplante Kohlekraftwerk gesprochen wird. Die Aussicht auf persönliche Bereicherungen könnte bei der immer noch mit grossem Engagement, hohen Kosten und erheblichen Risiken vorangetriebenen Projektentwicklung in Saline Joniche eine Rolle spielen.

Spätestens seit dem rasanten Zubau von Sonnenenergieanlagen, den Italien vollzog, um das von der EU vorgegebene Ziel von 20 Prozent erneuerbarer Energie zu erreichen, ist die Realisierung des von Repower geplanten Kohlekraftwerks unwahrscheinlich geworden. Ausser dem Projekt der Repower in Kalabrien, wird in Italien (und im übrigen Westeuropa) kein anderes Bauvorhaben für ein Kohlekraftwerk mehr mit Elan vorangetrieben.

Weshalb Repower es in Saline Joniche noch tut, ist deshalb ein ziemliches Mysterium. Noch fragwürdiger ist der Aktionismus der Repower in Italien, weil das Bündner Energieunternehmen an einer allfälligen Realisierung des Kraftwerks nicht beteiligt sein wird. Repower hat versprochen, bis vor Ablauf dieses Jahres (2015) aus «Saline Joniche» auszusteigen.

Dennoch arbeitet Repower unablässig am Projekt:

  • Für die Verbindung des Kraftwerks mit dem Stromnetz hat die Projektgesellschaft SEI S.p.A., an der die Repower die Mehrheit hält, Enteignungen angekündigt. Gemäss der öffentlichen Ankündigung von SEI/Repower wären etwa 2500 Personen von den Enteignungen betroffen.
  • Der Repower-Italien Chef, Fabio Bocchiola verklagte vier Gegner des Kohlekraftwerks auf 4 Millionen Euro Schadenersatz, Gemäss Klageschrift wegen Schädigung des Rufs der SEI. Gemäss dem Verwaltungsratspräsidenten und dem Geschäftsleiter der Repower wird dagegen „bei der Klage gegen persönlichkeitsverletzende Aussagen vorgegangen“.
  • SEI/Repower hat eine Konzession für den Bau eines Hafens beantragt und kürzlich erlangt.
  • SEI/Repower verspricht der Region 85 Millionen Euro an Geschenken — oder sollte ich schreiben Bestechungsgeld ? — Wenn das Kraftwerk umgesetzt wird. Um die milde Gabe anzupreisen, hat Repower ein freundliches Werbevideo machen lassen.

Repower scheut keine Kosten, wenn es um Saline Joniche geht. 85 Millionen Euro Entwicklungshilfe und Umweltschtz verspricht SEI/Repower der Gegend. Repower stellt diese Geschenke als freiwillige Kompensationszahlungen dar oder als mit der Bewilligung verbundenen und streng auferlegten Pflichtbeitrag — abhängig davon, wer zuhört. 

 

Die variablen Vergütungen an die Geschäftsleitung sind nur teilweise vom Geschäftserfolg abhängig. Die beste Übereinstimmung von Erfolg und Boni ergibt sich beim Ergebnis vor Zinsen und Ertragssteuern (EBIT). Allerdings ist dieser Zusammenhang nicht streng. (Sonst hätten die Mitglieder der Geschäftsleitung im Jahr 2013 Zahlungen leisten statt erhalten müssen, wie aus dem Bild unten hervorgeht. Die festen Vergütungen sind natürlich noch viel erheblicher: Sowohl 2010 wie auch 2011 nahmen die sechs Mitglieder der Geschäftsleitung zusammen über 4 Millionen Franken ein.)

Bonuszahlungen an die Geschäftsleitung (in kFr, linke Achse); Verschieden Kennzahlen des Geschäftserfolgs (in MFr, rechte Achse): Ergebnis vor Zinsen, Ertragssteuern und Abschreibungen, EBITDA; Ergebnis vor Zinsen und Ertragssteuern, EBIT; Gruppengewinn
Bonuszahlungen an die Geschäftsleitung (blaue Balken, in kFr, linke Achse); Verschiedene Kennzahlen des Geschäftserfolgs (Linien in MFr, rechte Achse): EBITDA: Ergebnis vor Zinsen, Ertragssteuern und Abschreibungen; EBIT: Ergebnis vor Zinsen und Ertragssteuern; Gruppengewinn. Quelle: Geschäftsberichte.

 

Die Berücksichtigung von qualitativen Kriterien bei der Festsetzung der variablen Vergütungen ist bezüglich Repowers CEO Kurt Bobst eindeutig belegt. Das Protokoll der Repower Generalversammlung hält fest:

Zum Gehalt des CEO führt Rikli aus, dass sich dessen variabler Lohnanteil an qualitativen und quantitativen Zielsetzungen orientiert. Auszug aus dem Protokoll der Repower Generalversammlung 2012.
«Zum Gehalt des CEO führt Rikli aus, dass sich dessen variabler Lohnanteil an qualitativen und quantitativen Zielsetzungen orientiert.» Auszug aus dem Protokoll der Repower Generalversammlung 2012 mit zusätzlicher Hervorhebung.

 

Es kann mit gutem Grund vermutet werden, dass Fabio Bocchiolas Bonus stark vom Projektfortschritt in Kalabrien abhängt und dass die Erlangung der abschliessenden Baubewilligung den Betrag auf seinem Konto deutlich erhöhen würde. Bocchiola ist Mitglied der Repower-Konzernleitung und Delegierter des Verwaltungsrats der Projektgesellschaft SEI. Ein solcher Anreiz muss mindestens auch bei Kurt Bobst und beim Vizegeschäftsleiter, Felix Vontobel, erwartet werden. Vontobel ist auch Mitglied des Verwaltungsrats der SEI.

Der Verdacht liegt nahe, dass die bei Repower für Saline Joniche verantwortlichen Mitglieder der Geschäftsleitung das Projekt auch aus persönlicher Gier vorantreiben.

Während die Boni auf die Privatkonten der betroffenen Mitglieder der Geschäftsleitung fliessen, fallen die Kosten der Projektentwicklung (und der Anwälte) zu Lasten der SEI an — und damit vor allem zu Lasten der Mehrheitseignerin Repower. Letztlich werden die Steuerzahler Graubündens und der Axpo-Kantone durch die Fehlleistungen der Repower Manager bestraft.


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