Die CO2-Entfernung aus der Luft ist notwendig und da

Die Entfernung von CO2 aus der Luft mit rein technischen Methoden ist bereits möglich und sogar auch schon bezahlbar. Die Technologie wird dringend benötigt. Es wäre aber eine Illusion zu glauben, in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts würde für die Netto-Entfernung von Hunderten von Gigatonnen CO2 bezahlt werden.

CO2 aus dem Luftverkehr — oder auch aus anderen Quellen — kann mit rein technischen Methoden umweltfreundlich aus der Atmosphäre entfernt werden. Die Technologie dafür wird Direct Air Capture, DAC, genannt. Sie ist skalierbar und schnell in grossem Ausmass anwendbar. DAC unterscheidet sich beträchtlich von anderen Methoden der CO2-Entfernung. (Einige andere Methoden sind hier erörtert).

Climeworks Hinwil CO2-Entfernung
Keine Zukunftsmusik, sondern bestehende Realität. Geringer Platzbedarf. Bereits bescheidene Kosten. | Anlage von Climeworks für die Entfernung von CO2 aus der Luft.

Mehrere Firmen entwickeln Technologie für die Entfernung von CO2 aus der Luft, auch CDR-Technologie genannt (‹Carbon Dioxide Removal›) oder ‹Negative Emissions Technology, NET›.

CO2 wird bereits mit DAC der Atmosphäre entnommen und sicher eingelagert. Die Technologie kann zweifelsfrei bald in grossem Massstab angewendet werden, sofern es gelingt, die Verursacher für die Übernahme der Kosten in die Pflicht zu nehmen — ein entscheidender Vorbehalt.

Firmen, Kosten, Energie und Potenzial

Climeworks hat die Ambition, bis in fünf Jahren ein Prozent des globalen CO2-Ausstosses aus der Luft zu holen, was dem 10-fachen der Schweizer Inlandemissionen entspricht.

Die Firma betreibt bereits kommerzielle Anlagen und bietet die Abscheidung von CO2 aus der Luft einschliesslich Sequestrierung, also die bleibende ‹Speicherung› des Treibhausgases im Untergrund, auch Privaten an. CO2-Emissionen real kompensieren ist so einfach wie Schuhe bei Zalando kaufen — aber eher teuer. Eine Tonne wirklich kompensiertes CO2 kostet für Kleinkunden fast 1’000 Euro.

In bestehenden DAC-Anlagen in der Schweiz, für grössere Abnehmer, kostet die Filterung einer Tonne CO2 aus der Luft rund 650 Franken. Die Geschäftsleitung von Climeworks hat bereits erklärt, Preise um 200 US-Dollar pro Tonne kurzfristig anzustreben. Die Firma gibt an, sich bei dieser Vorhersage auf planbare Verbesserungen von Technologie und Produktionsmethoden zu stützen.

Eine junge Studie stellt bei grosser und verzögerungsfreier Umsetzung der DAC-Technologie im Maghreb bereits für 2030 einen Preis von 105 Euro pro Tonne CO2 in Aussicht, bei eher vorsichtigen Annahmen; bei optimistischen Annahmen für 2050 nur 30 EUR pro Tonne CO2 (Breyer et al., 2019).

In der weiteren wissenschaftlichen Literatur werden Kosten der in grossem Massstab umgesetzten Entfernung von CO2 aus der Luft mit DAC-Technologie von deutlich unter 100 US-Dollar pro Tonne vorhergesagt, ebenso wie deutlich darüber (Fuss et al., 2017).

Die zusätzlichen Kosten für die Sequestrierung sind ebenfalls Gegenstand des wissenschaftlichen Diskurses. Spezialisten erwarten Kosten der Sequestrierung zwischen 10 und 20 US-Dollar pro Tonne CO2, wobei die Transporte die Kosten dominieren und gerade die DAC-Technologie die Chance hat, die Transporte gering zu halten.

Das Potenzial für die CO2-Sequestrierung in geeigneten geologischen Schichten ist mehr als ausreichend gross. (Mehr dazu hier.)

Alternativ kann das CO2 für die Herstellung synthetischer kohlenstoffhaltiger Energieträger (Methan, Methanol, Kerosin) verwendet werden, wobei der Energieaufwand dafür sehr hoch ist und die Kosten entsprechend.

Saubere, erneuerbare Energie und DAC machen zusammen eine kostengünstige, vollumfängliche, CO2-freie Energiewirtschaft weltweit möglich, sogar dann, wenn für eine echte Kohlenstoff-Kreislaufwirtschaft auf die Sequestrierung des CO2 verzichtet wird (Ram et al., 2019).

Der Energieaufwand für die Entfernung von CO2 aus der Luft ist zwar erheblich, aber bereits heute nicht unerträglich hoch.

Selbst wenn Kohle für diesen Zweck verbrannt werden müsste, könnte mit rein technischer CO2-Entfernung aus den Abgasen und aus der Luft netto viel CO2 aus der Atmosphäre entfernt werden. Mangel an Energie ist also nicht das Problem. (Es könnte sogar alles und mehr als das produzierte CO2 nur aus der Luft entfernt werden.)

Sehr günstige Energie aus Wind oder Sonne macht die Anwendung von DAC-Technologie in erheblichem Ausmass realistisch.

Möglicherweise kann eine komplexere DAC-Technologie, basierend auf Flüssig-Sorption mit ‹calcium looping›, wie von Carbon Engineering oder Origen Power angewendet, noch günstiger werden. Vielleicht werden noch andere, schon bekannte Technologien weiterentwickelt oder neue erfunden, welche die Feststoff-Sorption bezüglich Kosten noch schlagen. Nichts ändert jedoch die Tatsache, dass bereits heute zu erträglichen Kosten CO2 aus der Luft entfernt werden kann.

Selbst wenn die Kosten der DAC-Technologie nicht weiter reduziert werden könnten (Konjunktiv!), wäre emissionsfreier Flugverkehr bezahlbar — wieder etwa gleich teuer, wie er anfangs der 1980-er Jahre war (Diagramm). Der Mehrpreis wäre sogar ohne weitere Kostenreduktion erstaunlich bescheiden: rund 1.60 Franken pro Liter (Legende zum Diagramm).

Mit Climeworks, Global Thermostat und Carbon Engineering sind drei Unternehmen überzeugt, dass sie ohne weitere Erfindungen, nur mit besseren Produktionsmethoden oder grösseren Anlagen, CO2 für rund 200 US-Dollar pro Tonne aus der Luft entfernen können, wenn man sie nur lässt, wenn nur dafür bezahlt würde. Das entspricht bescheidenen 50 Rappen pro Liter Benzin, Heizöl, Kerosin oder Diesel! (Keith et al., 2018)

Diagramm Flugticketpreise, wenn das emittierte CO2 wieder aus der Luft entfernt wird.
Flugticketpreise, wenn das emittierte CO2 wieder aus der Luft entfernt wird (CDR: Carbon Dioxide Removal). Die ausgewählten Kosten pro Tonne CO2 sind relevant für rein technisches CDR mit Direct Air Capture und Sequestrierung. Die Angaben gelten für den Fall, dass nur für die Wiederentfernung des emittierten CO2 aus der Luft bezahlt werden muss (bei 4.8 Liter pro 100 Passagierkilometer plus 20 Liter). Eine allenfalls zusätzliche Klimawirkung von Flugemissionen ist nicht eingeschlossen. 250 Franken pro Tonne CO2 entspricht etwas mehr als einer Verdoppelung des Treibstoffpreises. Die Hersteller von DAC Technologie erklären, CO2 in grösseren Mengen für unter 250 Franken pro Tonne aus der Luft entfernen zu können (grüne Balken) und erwarten bei weiterentwickelter Technik Kosten um 100 Franken pro Tonne (blaue Balken). 650 Franken pro Tonne CO2 (orange Balken) ist der Preis, der mit heute in der Schweiz installierten Anlagen erzielt wird, die einzeln in Zürich gefertigt werden. Diese 650 Franken pro Tonne CO2 aus Pilotanlagen entsprechen bereits etwa nur 1.60 Franken (oder US-Dollar) Preiszuschlag pro Liter Treibstoff (Benzin: 1.50; Diesel, Heizöl, Kerosin: 1.70). Die Berechnungen berücksichtigen nicht, dass Flugzeuge effizienter würden, wenn der Treibstoff durch die Belastung mit einer den Kosten für CDR entsprechenden Abgabe verteuert würde. In der Praxis würden die zusätzlichen Kosten für die Passagiere darum deutlich geringer ausfallen, als aufgezeigt ist. Die Ausgangspreise der Tickets (ohne CDR, lila Balken) wurden nur grob evaluiert. | Eigene Berechnung und Diagramm.

Eine junge und umfassende Studie beschreibt den Stand der DAC-Technologien mit ihren Kosten und ihrem Energiebedarf heute und bei Weiterentwicklung (Fasihi et al., 2019).

Die Reife, Universalität, Flexibilität und Skalierbarkeit von DAC mit Feststoff-Sorption, wie von Climeworks, Global Thermostat, Antecy und Hydrocell bereits angewendet, macht die Einforderung einer konsequenten Umsetzung des Verursacherprinzips nun greifbar — und das CO2-Problem lösbar.

CO2-Entferung ja, ‹Generationenbetrug› nein!

Die schnelle Umsetzbarkeit der Technologie zur Entfernung von CO2 aus der Luft sollte aber nicht zum Irrglauben verleiten, netto negative Emissionen wären möglich, also die Entnahme von mehr CO2, als ausgestossen wird — in gigantischen Mengen (IPCC, 2018; Hausfather, 2018).

Bei netto CO2-Entfernung können die Kosten keinem Verursacher angelastet werden (Bednar et al., 2019). Die Spekulation auf netto CO2-Entfernung wird sich als ‹Generationenbetrug› herausstellen.

Leugnung der Lösung

Die Technologie zur CO2-Entfernung hat nur vordergründig mit der Spekulation mit netto CO2-Entfernung zu tun. Jedoch, wohl aus Unbehagen über die durch die Klimaforscher eingebrachte Spekulation auf netto negative CO2-Emissionen, hat sich die Leugnung der Existenz und unmittelbaren Umsetzbarkeit der CO2-Entfernung mit technischen Mitteln verbreitet.

Anstelle der Spekulation wird die Technologie in Frage gestellt. Die Leugnung der Existenz der Technologie wird sowohl durch Wissenschafter als auch Umweltschützer begangen. Diese Leugnung ist absurd und schädlich.


DAC air contactors. Carbon Engineering.Keine Spekulation auf netto negative Emissionen, sondern CO2-Entfernung jetzt! | Artikel auf klimaatelier.ch


Schnelle Lösung des CO2-Poblems

Wird die DAC-Technologie industriell umgesetzt, ist das CO2-Problem lösbar, sogar schnell lösbar. Jedoch muss jemand für die Kosten aufkommen, idealerweise sind das die Verursacher von CO2-Emissionen.


1,5-Grad Szenarien des IPCC. Ergänzt.CO2-Emissionen müssen schneller sinken als IPCC und UNO kolportieren | Artikel auf klimaatelier.ch


Werden die Verursacher hingegen nicht ausreichend stark und ausreichend bald in die Pflicht genommen und die Umsetzung von DAC in industriellem Massstab nicht bald finanziert, wird auch die nötige Kostenreduktionen der DAC-Technologie nicht stattfinden und das CO2-Problem auf absehbare Zeit ungelöst bleiben, selbst wenn die Klimafolgen gravierend und irreversibel sind.


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Referenzen

Bednar et al. (2019): Johannes Bednar, Michael Obersteiner, Fabian Wagner. On the financial viability of negative emissions. (Link)

Breyer et al. (2019): Christian Breyer, Mahdi Fasihi, Arman Aghahosseini. Carbon dioxide direct air capture for effective climate change mitigation based on renewable electricity: a new type of energy system sector coupling. https://doi.org/10.1007/s11027-019-9847-y (Link)

Fasihi et al. (2019): Mahdi Fasihi, Olga Efimova, Christian Breyer. Techno-economic assessment of CO2 direct air capture plants. (Link)

Fuss et al. (2017): Sabine Fuss, William F. Lamb, Max W. Callaghan, Jérôme Hilaire, Felix Creutzig, Thorben Amann, Tim Beringer, Wagner de Oliveira Garcia, Jens Hartmann, Tarun Khanna, Gunnar Luderer, Gregory F. Nemet, Joeri Rogelj, Pete Smith, José Luis Vicente Vicente, Jennifer Wilcox, Maria del Mar Zamora Dominguez, Jan C. Minx. Negative emissions—Part 2: Costs, potentials and side effects; 2018 Environ. Res. Lett. 13 063002 (Link)

Hausfather (2018): Zeke Hausfather, Carbon Brief. New scenarios show how the world could limit warming to 1.5C in 2100. (Link)

IPCC (2018): Intergovernmental Panel on Climate Change. Global warming of 1.5°C. An IPCC Special Report on the impacts of global warming of 1.5°C above pre-industrial levels and related global greenhouse gas emission pathways, in the context of strengthening the global response to the threat of climate change, sustainable development, and efforts to eradicate poverty. Summary for Policymakers.

Keith et al. (2018): A Process for Capturing CO2 from the Atmosphere. David W. Keith, Geoffrey Holmes, David St. Angelo, Kenton Heidel (all Carbonengineering). Joule 2, 1–22, August 15, 2018

Matter et al. (2016): Juerg M. Matter, Martin Stute, Sandra Ó. Snæbjörnsdottir, Eric H. Oelkers, Sigurdur R. Gislason, Edda S. Aradottir, Bergur Sigfusson, Ingvi Gunnarsson, Holmfridur Sigurdardottir, Einar Gunnlaugsson, Gudni Axelsson, Helgi A. Alfredsson, Domenik Wolff-Boenisch, Kiflom Mesfin, Diana Fernandez de la Reguera Taya, Jennifer Hall, Knud Dideriksen and Wallace S. Broecker. Rapid carbon mineralization for permanent disposal of anthropogenic carbon dioxide emissions. (Link to full pdf)

Ram et al. (2019): Manish Ram, Dmitrii Bogdanov, Arman Aghahosseini, Ashish Gulagi, Solomon A. Oyewo, Michael Child, Upeksha Caldera, Kristina Sadovskaia, Javier Farfan, Larissa S.N.S. Barbosa, Mahdi Fasihi, Siavash Khalili, Christian Breyer. Global Energy System based on 100% Renewable Energy – Power, Heat, Transport and Desalination Sectors. Study by Lappeenranta University of Technology and Energy Watch Group, Lappeenranta, Berlin, March 2019. (Link)


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