Vergleich des Konzentrationslagers Auschwitz mit einem Kohlekraftwerk

Repower-Kohlekraftwerk: Die umstrittenen Vergleiche der Millionenklage

Im April letzten Jahres (2014) verklagte der Repower Italien Chef Fabio Bocchiola im Namen der Tochtergesellschaft SEI vier Gegner des in Kalabrien geplanten Kohlekraftwerks auf 4 Millionen Euro Schadenersatz. Die Klage wirft Fragen auf, die in diesem Übersichtsartikel behandelt sind.

Greenpeace Plakat in Reggio Calabria repliziert eine der Darstellungen, wegen der SEI/Repower gegen die Aktivisten klagte. "Jetzt klagt auch uns an."
Kurz nach bekannt werden der Klage  replizierte Greenpeace mit mehreren Plakaten in Reggio Calabria eine der Darstellungen, wegen der die SEI/Repower gegen die Aktivisten klagte. Greenpeace solidarisierte sich dadurch mit den Kohlegegnern in Kalabrien und forderte die SEI auf, auch Greenpeace zu verklagen.

 

Gemäss Klageschrift wird die Forderung von 4 Millionen Euro Schadenersatz wegen Rufschädigung der Projektgesellschaft SEI S.p.A. erhoben. Die Führungsspitzen von Repower, sprachen dagegen wiederholt von «persönlichkeitsverletzenden Äusserungen» als Grund für die Klage. Abgesehen von der Diskrepanz dieser Begründung zu jener der Klageschrift: Die Höhe der Schadenssumme liesse sich in beiden Fällen nicht begründen. Es ist schwierig zu erkennen, warum die SEI finanziellen Schaden erlitt; Fabio Bocchiolas Salär oder die Schädigung seines Rufs rechtfertigen die Summe auch nicht.

Die Kommunikation der Repower deutet auf Konflikte innerhalb des Bündner Stomkonzerns hin und auf die Führungsschwäche des CEO und des Verwaltungsrats.

"Das ist nicht unsere Sache. Wir bereiten unseren Ausstieg aus dem Projekt vor." (Repower)
Zuerst bestritt Repower, mit der Klage in Verbindung zu stehen. Auschnitt aus Artikel der Südostschweiz vom 5. Mai 2014.

 

An der Generalversammlung stellte die Repower aber klar: Der Verwaltungsrat der SEI hat über die Klage befunden. Repower besitzt 57,5% der SEI und stellt faktisch die Mehrheit der SEI-Verwaltungsräte: Fabio Bocchiola und Felix Vontobel von Repower und Andrea Bettini, einen von Repower schon mandatierten Anwalt.

Auszug Protokoll Repower GV 2014
Der Verwaltungsrat der SEI hat entschieden. (Das heisst, Repower hat entschieden.) Protokoll der Repower Generalversammlung 2014. Vergrössern.

 

Geschäftsleitung und Verwaltungsrat der Repower dürften aber insofern mit ihrer Beurteilung richtig liegen, als dass es hintergründig wohl um einen persönlichen Racheakt Bocchiolas geht. Bocchiola, CEO der SEI, Chef von Repower Italien und Mitglied der Repower Konzernleitung, wurde in Karikaturen besonders scharf kritisiert.

Fabio Bocchiola wird mit langer Nase auf einem Plakat als Gewinner des «Pinocchio-Preises 2010» dargestellt und zitiert: "Es wäre eine gute Gelegenheit um den Tourismus in der Gegend wieder anzukurbeln ... und auch für die Fischerei ... es gibt absolut keine Gefahr für die öffentliche Gesundheit."
Fabio Bocchiola wurde in verschiedenen Karikaturen mit langer Nase dargestellt in dieser auch als Gewinner des «Pinocchio-Preises 2010» bezeichnet. „Es wäre eine gute Gelegenheit um den Tourismus in der Gegend wieder anzukurbeln … und auch für die Fischerei … es gibt absolut keine Gefahr für die öffentliche Gesundheit“, wird Bocchiola zitiert.

 

Dass es sich mit der Klage um den Versuch einer Abrechnung Fabio Bocchiolas mit den Gegnern des geplanten Kohlekraftwerks handelt, und dass der Vergleich mit Pinocchio im Fall von Fabio Bocchiola und Repower nicht grundlos erfolgte, wird in einem besonderen Artikel erläutert.

Boni für Bewilligung des Kraftwerks

Persönliche wirtschaftliche Interessen dürften bei der Entwicklung des Projekts in Saline Joniche mit im Spiel sein. Die Bonusvergütungen für die Repower-Geschäftsleitung hängen auch vom Erreichen qualitativer Ziele ab, wie in einem weiteren besonderen Artikel erklärt wird. Dieser falsche Anreiz könnte die Verantwortlichen der Repower in verschiedenen Fällen zu seltsamen Methoden verleitet haben.

Greenpeace: "Kohle tötet, aber der Prozess wird dem Aktivismus gemacht. Solidarität mit den Angeklagten. 4 Millionen für eine Karikatur: Jetzt klagt auch uns an."
„Kohle tötet, aber der Prozess wird dem Aktivismus gemacht. Solidarität mit den Angeklagten. 4 Millionen für eine Karikatur: Jetzt klagt auch uns an.“ Greenpeace Plakat aus der Nähe.
Der Auschwitz-Vergleich

Das von der SEI primär ins Feld geführte und umstrittenste Beweismittel ist eine Fotomontage, die das geplante Kraftwerk mit dem Konzentrationslager Auschwitz vergleicht.

Das A4, das ein Aktionär an der Repower Generalversammlung 2014 zeigte, photographiert unmittelbar nach dem offiziellen Teil der Versammlung. Angestiftet von Repowers Medienspezialisten, Livio Zanolari, behauptete der Aktionär, er habe es im Internet gefunden. Beim der Fotomontage handelt es sich um den ersten Anhang (1.a) zur Klageschrift der SEI gegen Aktivisten, die sich gegen das von der Repower-Tochter SEI in Kalabrien geplante Kohlekraftwerk auflehnen. Oben links ist die Nummerierung als Anhang der Klageschrift zu erkennen. Vergleich des Kraftwerkprojekts in Saline Joniche mit dem Konzentrationslager Auschwitz.
Anhang (1.a) zur Klageschrift der SEI gegen Aktivisten, die sich gegen das von der Repower-Tochter SEI in Kalabrien geplante Kohlekraftwerk auflehnen. Diesen Vergleich des Kraftwerkprojekts in Saline Joniche mit dem Konzentrationslager Auschwitz versuchte Repower den angeklagten Gegnern des Kraftwerks in die Schuhe zu schieben.

 

Während Fabio Bocchiola seine Gegner in Kalabrien mit der Klage der Rufschädigung oder der üblen Nachrede  bezichtigt, kann Repower erneut unkorrektes Verhalten nachgewiesen werden. Anlässlich der Repower Generalversammlung 2014 manipulierte Repowers Verantwortlicher für Unternehmenskommunikation, Livio Zanolari die Generalversammlung und der Mediensprecher von Repower Italien verleumdete am gleichen Tag mit der Auschwitz-Fotomontage die angeklagten Gegner des Projekts, wie hier dargelegt ist.

Distanz zum „Genozid im 2. Weltkrieg“

Eduard Rikli, der Präsident des Verwaltungsrats, liess festhalten, es seien von den Gegnern des Kraftwerks „schreckliche Dinge“ gesagt worden, „welche die wirklichen Opfer des Genozids im zweiten Weltkrieg verunglimpfen“.

Tatsächlich könnte Repower  vorgeworfen werden, die Greuel des Holocaust zu verniedlichen. Denn mit der umstrittenen Vergabe eines wichtigen Planungsauftrags an Lahmeyer hat Repower eine Firma bevorzugt, die keine Hemmungen hatte, in Südamerika aktive Nazis aus der Epoche des Nationsozialismus und Nazi-Fluchthelfer zu verpflichten (vgl. Anmerkung 1). Die Wahl von Lahmeyer durch Repower war aus anderen Gründen umstritten gewesen.

Vergleich des Konzentrationslagers Auschwitz mit dem Kohlekraftwerk Vado Ligure
Vergleich des Kohelkraftwerks Vado Ligure (bei Savona) mit einem Konzentrationslager. Beim Vergleich des Projekts in Saline Joniche mit Auschwitz geht es um ein anderes Bild.

 

Einschüchterung von Gegnern mittels Klagen hat bei Repower System

Die aktuelle Klage ist nicht der erste Versuch der Repower, die Gegnerschaft des Kohlekraftwerks mittels Klagen einzuschüchtern. Schon einmal hatte Repower einen Gegner des Kraftwerks in Kalabrien verklagt — vergeblich. 2008 hatte Michelangelo Tripodi der SEI/Repower vorgeworfen, im „Einvernehmen und in Koexistenz mit den Kräften der Unterwelt“ zu „bestehlen und verunstalten“, was SEI/Repower zu einer Klage veranlasst hatte. Tripodi wurde im November 2011 vollumfänglich entlastet, also lange bevor die Behörden in Italien im Februar 2013 erklärten, Repower habe mit den lokalen Mafiaclans die Zustimmung zum Bau des Kraftwerks vereinbart.

Auch der früheren Präsidentin des Vereins Zukunft statt Kohle hatte Repower eine Klage angedroht.

Ausschnitt des Leserbriefs mit der Erklärung von Tanya Schmid. Repower behauptete, sie könnten die damalige Präsidentin des Vereins Zukunft statt Kohle wegen der Verwendung des Repower-Logos verklagen.
Ausschnitt eines Leserbriefs mit Erklärung von Tanya Schmid. Repower behauptete, sie könnten die damalige Präsidentin des Vereins «Zukunft statt Kohle» wegen der Verwendung des Repower-Logos verklagen.

 

Der Honorarkonsul im Dienst der Repower

Der Anwalt Renato Vitetta wurde von Repower als rechtlicher Vertreter mit der Klage betraut. Vitetta amtete auch als Honorarkonsul der Schweiz in Kalabrien. Er dürfte sich mit diesem Auftrag der Repower als Honorarkonsul unmöglich gemacht haben. Entgegen seiner anders lautenden Ankündigung in der Presse wurde sein Mandat durch den Bundesrat anfangs 2015 nach verschiedenen Interventionen im Nationalrat nicht verlängert.

Kopf der Schrift, mit der die SEI/Repower ihre Klage gegen die Gegner des Kohlekraftwerks von SEI/Repower in Kalabrien begründet. Studio Legale Vitetta & Partners, Renato G. Vitetta war damals auch Honorarkonsul der Schweiz in Kalabrien.
Kopf der Schrift, mit der die SEI/Repower ihre Klage gegen die Gegner des Kohlekraftwerks von SEI/Repower in Kalabrien begründet. Studio Legale Vitetta & Partners, Renato G. Vitetta war damals auch Honorarkonsul der Schweiz in Kalabrien.

 

Anmerkung

1:  «Am Bau dieses Wasserkraftwerks [Staudammprojekt Yacyretá] war auch die Firma Lahmeyer International beteiligt, die laut argentinischer Polizeiberichte in Argentinien vom NS-Fluchthelfer Carlos Fuldner [„argentinisch-deutscher SS-Hauptsturmführer, NS-Agent in Argentinien und eine Schlüsselfigur der NS-Fluchthilfe“, Wikipedia über Carlos Fuldner] vertreten wurde. Hierbei warb die Firma Lahmeyer Rudel [höchstdekorierter deutscher Soldat im 2. Weltkrieg, nach dem Krieg NS Aktivist und ebenfalls Fluchthelfer in Südamerika] als Lobbyisten an.» (Quelle: Wikipedia)


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